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#Stöbersonntag: Interview mit Illustrator Daniel Verovic

Daniel Verovic studierte Modejournalismus und Medienkommunikation an der Akademie Mode und Design (AMD).

Seine Passion ist allerdings nicht nur das Schreiben: Die japanische Zeichentrickserie "Sailor Moon", welche in Deutschland einen großen Einfluss auf viele heutige Illustratoren und Comiczeichner hatte, sorgte auch bei dem damals Zwölfjährigen für Begeisterung: Das Zeichnen erst einmal für sich entdeckt, hörte er seitdem nicht mehr auf.

2018 verwirklichte er seinen zweiten Traum und machte sich als Illustrator selbstständig.

 

Ob Mode-, Beauty- oder Kinderbuchillustrationen: Wer suchet, der findet bei Daniel das gewisse Etwas mit Herz. Und genau deswegen wollte ich ein wenig mehr über den sympathischen Düsseldorfer erfahren …

 


 

Daniel, nach erfolgreichem Abschluss deines Studiums hast du zunächst als Videojournalist für den Düsseldorfer TV-Sender center.tv gearbeitet. Nach dieser Tätigkeit führte dich dein Weg zu der styleranking media GmbH, wo du dich von der Position des Praktikanten zum Modejournalisten und letztendlich zum Chefredakteur hochgearbeitet hast. War es für dich denn schon immer klar, dass du Journalist werden wolltest?

 

Bereits als Kind schrieb ich unglaublich gerne Geschichten. Aufsätze im Deutschunterricht waren ein richtiges Heimspiel für mich. Ab der Mittelstufe wollte ich eine ganze Weile Journalist werden. Meine Lehrerin brachte mich auf die Idee. Bis ich ein Schülerpraktikum in der Lokalredaktion der WAZ absolviert habe. Das fand ich total furchtbar. Dafür bereitete mir die Arbeit in Schülerzeitungen sehr viel Spaß und Freude.

Zwischendurch liebäugelte ich aber auch mit unterschiedlichen Berufen: Wollte mal Friseur oder Kindergärtner, dann Popstar, Moderator und Schauspieler werden. Was ich bis heute ganz lustig finde: Meine Eltern wollten sogar, dass ich Schauspieler werde! Ist das normalerweise nicht genau andersherum? (lacht)

 

Was hat dir im Studium besonders Spaß gemacht und gibt es etwas, was du heute – rückblickend – anders gemacht hättest?

 

Rückblickend kann ich sagen, trotz allen Rumgeheules damals, dass mein Studium schon echt cool war. (Und teuer, haha…) Vor allem jetzt, wo ich als Dozent an der AMD auf der anderen Seite des Unterrichtsraums stehe.

Besonders gefallen haben mir, Überraschung, die Kurse mit visuellem Schwerpunkt. Und durch Fächer wie Modehistorie konnte ich unglaublich spannendes über die Geschichte der Mode lernen. Manchmal bereue ich, dass ich nicht den Mut aufgebracht habe, mich für ein Grafikdesign oder illustratives Studium zu bewerben. Heute bin ich dennoch im Reinen damit, wie alles gelaufen ist.

 

Während deiner Arbeit als Redakteur und Chefredakteur konntest du gewiss die ein oder andere bekannte Person treffen. Gab es ein Erlebnis, an das du dich besonders gern erinnerst?

 

Mein ganz persönliches Highlight war, als ich Illustratorin und Journalistin Jasmin Khezri getroffen und interviewt habe. Viele kennen ihre weltberühmten Illustrationen der Lifestyle-Figur Irma. Das war ein ersehnter Moment, da ich Jasmin Khezri und Irma bereits seit Jahren bewundere. Daneben empfand ich es auch sehr interessant Stars wie David Beckham und „Sex and the City“-Stylistin Patricia Field zu treffen. Oder mit Christina Aguilera zu sprechen.

Es mag zwar abgedroschen klingen, aber diese Begegnungen halfen mir einzusehen, dass es sich um völlig normale Menschen handelt. Sie leiden unter den gleichen Problemen wie jeder andere auch. Die haben genauso Durchfall und mal keine Lust auf ihre Arbeit oder ihren Alltag wie wir alle. Vor allem aber sind sie weder bessere noch schlechtere Menschen als du und ich.

 

Journalismus ist allerdings auch ein hartes Pflaster. Auf deinem Blog erfährt der Leser, dass es mit der Zeit immer mehr zu negativen Entwicklungen kam: Überstunden, Diskrepanzen und gesundheitsschädigender Stress waren u. a. ausschlaggebend dafür, dass du dem Job den Rücken kehrtest.

Wie hat dein Umfeld die Entscheidung aufgenommen, dass du deinen Beruf aufgibst?

 

Die meisten Menschen in meinem Umfeld reagierten eher mit Unverständnis und wollten es mir ausreden. Das war schon verletzend. Heute verstehe ich, dass sie sich nur Sorgen gemacht haben. Aber auch nicht an mich geglaubt haben. Es ist sehr schade, dass man, vor allem in Deutschland, so wenig Unterstützung erfährt, wenn man sich selbstständig machen will. Wieso supporten wir blindlings fremde Promis, die irgendwelche dummen Produkte auf den Markt werfen? Aber nicht unsere Freunde, die sich ihren Lebenstraum erfüllen? Warum glauben wir nicht an Freunde und Familie und unterstützen sie? Ich finde das ehrlich gesagt sehr traurig.

Das muss ja nicht automatisch auf finanzieller Ebene geschehen. Selbst kleine Gesten wie Likes in Social Media-Kanälen oder Empfehlungen an Bekannte kosten nichts und sind ein wunderbarer und hilfreicher Support.

 

 

Illustration für eine Kampagne zu Misslyn Cosmetic

Anfang 2018 hast du dann aber genau das gewagt und dich als Illustrator selbstständig gemacht: Dein erstes großes Projekt war die Arbeit an einer Kampagne der Make-up-Marke Missyln. Wie war es für dich, erstmalig die Werbemittel und Produkte zu sehen, welche deine Illustrationen zierten? Ein made by Daniel zu entdecken?

 

Eine interessante Frage, über die ich erst mal nachdenken muss! (*Drei Stünden später…*) Okay, das war schon echt krass. Ich konnte das erst gar nicht glauben (und tue es bis heute nicht). In Galeria Kaufhof reinzugehen und dort Regale mit meinen Illustrationen zu sehen…

 

Vor allem da ich bis dato gar nicht wusste, was genau der Kunde mit meinen Illustrationen anstellen würde. Ich stand da in totaler Schockstarre und konnte mich vor Unglauben gar nicht freuen. Zum Glück hatte ich eine Freundin dabei, die mich wachgerüttelt und unglaublich mit mir gefreut hatte. Da standen mir dann auch die Tränen in den Augen.

 

Es fällt mir schwer, da Vergleiche zu ziehen, da mir das Schreiben auch immer viel bedeutet hat. Aber es war dem Gefühl sehr ähnlich, als mein erster Artikel veröffentlicht wurde. Vielleicht ein kleines bisschen schöner. Aber beide Male ein unendlich warmes und auch stolzes Gefühl des Dankes. Und auch eine Art Belohnung und Bestätigung dafür, jahrelang für meinen Traum gekämpft und nicht aufgeben zu haben.

 

Neben Mode- und Beauty- beschäftigst du dich auch mit Kinderbuchillustrationen. Im Dezember hast du zudem einen ganz besonderen Weihnachtsbrief gestaltet: Die wunderschönen Vorlagen wurden für Nachrichten der Paten an ihre Patenkinder verwendet, geleitet durch die christlich humanitäre Kinderhilfsorganisation Compassion.

Ich kann mir vorstellen, dass die Arbeit daran auch eine Herausforderung war. Kultur und Sprache sind doch recht verschieden und nicht überall wird Weihnachten wie bei uns gefeiert?

 

Vielen Dank für deine lieben Worte! Obwohl ich direkt beim Hören des Briefings ein Bild vor Augen hatte, entpuppte sich die Arbeit tatsächlich als kleine Herausforderung. Anfangs zeichnete ich drei unterschiedliche Versionen.

In einer verteilten die Kinder Weihnachtsgeschenke aus einem Heißluftballon heraus. Das sah zwar schön aus, machte aber keinen Sinn: Die meisten Kinder in Dritte Welt Ländern kennen so etwas wie Heißluftballons gar nicht. Geschweige denn den Weihnachtsmann oder Schnee an Weihnachten! (Okay, wir in Deutschland mittlerweile auch nicht mehr, haha…)

 

Für mich sind das so selbstverständliche Weihnachts-Dinge, dass man mich erst einmal darauf hinweisen musste. Dennoch war es eine wundervolle Arbeit. Ich bin immer noch wahnsinnig stolz und dankbar, für solch schöne und wichtige Projekte engagiert zu werden. Und freue mich riesig, dass ich in der Zwischenzeit wiederholt an einem neuen Sommer-Design für Compassion arbeiten durfte.

 

 

Gibt es für dich ein bestimmtes Thema oder einen Wunschkunden, für den du unbedingt einmal illustrieren möchtest?

 

Wunschkunden eigentlich nicht. Themen und Ideen: Etliche! Ich würde unglaublich gerne Cover für Alben von Musikern illustrieren. Am liebsten von Sängerinnen, die ich selber gerne höre, da Musik und Lyrics zu meinen wichtigsten Inspirationsquellen zählt. Darüber hinaus möchte ich eigene Graphic Novels zeichnen. Da ich das Schreiben auch so sehr liebe, möchte ich mir in naher Zukunft einen Kindheitstraum erfüllen und einen teils autobiografischen Roman verfassen, der dann hoffentlich veröffentlicht wird. Ganz besonders träume ich aber von einer mehrteiligen Kinderbuchserie. Die Charaktere, Titel und Ideen sind schon in meinem Herz und warten nur darauf, herausgelassen zu werden.

 

Und hast du ein Vorbild, welches dich motiviert und anspornt?

 

 

Besonders motiviert fühle ich mich von Illustratorin Fran Meneses alias Frannerd und ihren Youtube-Videos. Nachdem ich sie mir angeschaut habe, spüre ich große Lust zu zeichnen und malen. Als einen großen Einfluss auf meine Kunst würde ich vor allem die Illustratorinnen Anja Kroencke, Jasmin Khezri und Nadine Schemmann aufführen. Sowie die japanischen Zeichnerinnen Naoko Takeuchi, Chica Umino und Arina Tanemura. Allesamt Wahnsinns-Künstlerinnen!

Work in Progress: digitale Modeillustration
Work in Progress: digitale Modeillustration

Entwicklung ist nicht nur in deinem Werdegang ein Thema, sondern natürlich auch in deinen Arbeiten. Wie bist du gegenüber deinen früheren Projekten eingestellt?

 

Ich finde es total faszinierend, wie sich der Blick auf die eigenen Arbeiten verändert. Obwohl ich so gut wie nie zufrieden mit meinen Zeichnungen oder Bildern bin, schaue ich auf Arbeiten von vor einem Jahr zurück und denke: „Au weiaaa!“ Die Sachen, die ich heute produziere, finde ich aber dennoch nicht gut oder besser. Irgendwie ziemlich widersprüchlich, oder?

 

Hat sich dein Arbeitsalltag im Gegensatz zu früher stark verändert?

 

Sehr. Alles läuft jetzt viel entspannter ab und ich muss keine Angst vor einer Gürtelrosenerkrankung haben. Einen typischen Tagesablauf gibt es bei mir nicht, da ich sehr spontan und nach Dringlichkeit arbeite.

Ich kann mir meinen Tag jetzt selbst einteilen, was natürlich Vor- und Nachteile mit sich bringt. Aber ich genieße es sehr, dass ich bei schönem Wetter einfach spontan eine erholsame Runde durch den Park drehen kann, wenn mir danach ist. 

(Und den ganzen Tag bei der Arbeit Musik hören kann!) 

Dafür arbeite ich aber auch oft noch am Abend. Ein Aspekt, den ich früher im vollen Büro nie so eingeschätzt hätte und jetzt besonders zu spüren bekomme, ist die Vereinsamung.

 

Was ist für dich das Schwierigste am Illustratoren-Dasein?

Und was ist für dich das Schönste? :-)

 

Das klingt jetzt echt cheesy, aber das Schönste ist für mich, dass ich meinen Traum leben und damit meinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Dass es fremde Menschen gibt, die Illustrationen bei mir bestellen und sich so unglaublich darüber freuen. Und diese Arbeit zu schätzen wissen. Da kann kein Interview mit David Beckham oder Promi XY mithalten.

 

Das Schwierigste ist für mich der ewige Kampf um Kunden. Vor allem Kunden, die nach erledigter Arbeit nicht zahlen. Richtig traurig fühle ich mich durch die geringe, finanzielle Wertschätzung, die sie oftmals an den Tag legen. Ich gehe auch nicht in den Apple-Store und sage: „Du, hör mal, ich finde euer iPhone so megaschön, hammermäßiges Design. Ich will unbedingt eins haben! Aber für meinen Geschmack ist das zu teuer. Ich bin bereit, euch 400 Euro anstatt 1.300 Euro zu zahlen. Deal?!“

 

Verrate uns doch zum Abschluss noch, wie wohl dein perfekter Tag in 5 Jahren aussieht?

(Denn das Wo siehst du dich in fünf Jahren kann ja jeder. :-P)

 

 

An meinem perfekten Tag in fünf Jahren stehe ich morgens früh auf und wecke meinen Sohn, den ich nach einem gemeinsamen Frühstück in den Kindergarten bringe. Danach setze ich mich in mein Atelier oder Arbeitszimmer und arbeite an Illustrationen und Texten für meine eigene, erfolgreiche Kinderbuchserie. Telefoniere mit Kunden und Agenten und helfe meiner Assistentin dabei, Bestellungen zu verschicken.

Nachmittags wird der Kleine abgeholt, dann geht’s auf den Spielplatz. Abends kommt die Familie zum Abendessen zusammen. Nach einer Gute-Nacht-Geschichte, am besten aus einem von Papa illustriertem Buch, haha, geht’s für den Kleinen ab ins Traumland.

Nach zwei, drei Stunden am Schreibtisch endet dieser perfekte Tag dann mit ordentlich Rambazamba im Elternschlafzimmer, hahaha… Leider wird dies wohl eher nur eine Traumvorstellung bleiben.

Selbstportrait von Daniel Verovic
Selbstportrait von Daniel Verovic

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